Wer heute ein Produkt geliefert erhält, findet in der Regel auch umfangreiche Dokumentationen im Printformat vor.

Viele Unternehmen stellen diese Dokumentationen ergänzend zum Download bereit. Mehr und mehr werden sie aber auch für mobile Endgeräte aufbereitet – ein erster Schritt in eine Zukunft, in der gedruckte Dokumentationen nur noch in minimalem Umfang erforderlich sind.

Eine der Lieferung beigefügte Bedienungs- oder Montageanleitung in Papierform ist nach wie vor bei den meisten Produkten, die einen gewissen Erklärungsbedarf aufweisen, gang und gäbe. Zudem hat sich zum Standard entwickelt, dass die meisten Hersteller zusätzlich eine digitale Form dieser Dokumente, zum Beispiel ein PDF, auf ihrer Website zur Verfügung stellen.

Da die intensive Nutzung mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablets mittlerweile weit verbreitet ist, kommen für die Darstellung auf diesen Geräten optimierte Varianten der betreffenden Dokumente hinzu. Die Lösungen, auf die die Hersteller hierbei setzen, umfassen das Spektrum von anzeige- und größenoptimierten PDFs über neu konzipierte Inhaltsformen, deren Navigationsmöglichkeiten sich den mobilen Endgeräten anpassen, bis hin zu komplexen Apps, die alle Möglichkeiten ausschöpfen, die mobile Endgeräte derzeit bieten.

Die Anwendungsszenarien für solche mobilen Dokumentationen sind vielfältig. Vor allem die Automotive-Branche spielt hier eine Vorreiterrolle. Audi beispielsweise setzt mit der eKurzinfo App auf die Technologie der Augmented Reality. Dabei erhält der Nutzer Kurzinformationen zur Bedienung des Objektes, auf das er die Kamera seines Smartphones richtet.

Dokumentation in der Zukunft

Da im Bereich der mobilen Endgeräte derzeit eine rasante technologische Weiterentwicklung stattfindet, müssen die Verantwortlichen auf Herstellerseite Zukunftsszenarien hinsichtlich der Bereitstellung von Produktinformationen einschließlich der Technischen Kommunikation verstärkt auf die Tagesordnung setzen.

Eine Entwicklung, die sich für Morgen abzeichnet, sind Anleitungsvideos. Diese werden in Zukunft in weiten Teilen textbasierte Anleitungen ergänzen.  Auch FAQ-Apps sind eine denkbare Anwendung – sie ermöglichen dem Nutzer einen anwendungs-, situations- und zielgruppenspezifischen Zugang zur benötigten Information. Zu erwarten ist auch, dass diese Art von Apps in naher Zukunft sprach- und gestengesteuert sein wird.

Ebenso ist wahrscheinlich, dass durch neue Formen der Informationsbereitstellung die Interaktion mit dem Nutzer relevanter wird. Hier können Feedbackfunktionen als Beispiel dienen. Die so geschaffene Bidirektionalität ist von großem Wert bei der Kundenkommunikation und der daraus resultierenden Kundenbindung.

Eine unkomplizierte Verzahnung dieser mobilen Lösungen mit anderen Medien – wie Print oder gar dem Produkt selbst – spielt in all diesen Szenarien eine zentrale Rolle. Sie sind damit ein ideales Einsatzfeld für den Einsatz von medienverbindenden Brückentechnologien wie QR-Codes.

Kein Print mehr dank Mobile?

Bei einigen Produktinformationen, zum Beispiel firmeninternen Dokumentationen oder Vertriebsunterlagen, ersetzen Apps bereits in großem Umfang die Print-Unterlagen und so sorgen dafür, dass diese in deutlich kleinerer Auflage gedruckt werden können.

Im Bereich der Gebrauchsanweisungen wird es die Print-Versionen mit Sicherheit noch sehr lange geben – jedoch weniger, und mehr und mehr nur auf Anforderung. Daher kann die mobile Bereitstellung von Anleitungen auch in der klassischen Technischen Redaktion bereits heute ein enormes Einsparungspotenzial bieten.

Rechtliche Lage

Insbesondere bei der Frage, ob und inwieweit auf Papier verzichtet werden kann, gibt es bemerkenswerte Entwicklungen. Zwar müssen sicherheitsrechtliche Bedenken, wie sie sich beispielsweise aus der Interpretation der Maschinenrichtlinie oder dem Produktsicherheitsgesetz ergeben, ernst genommen werden. So betonen viele Juristen, dass die Rechtsprechung von der Papierform ausgeht. Die Frage ist jedoch an erster Stelle, welches Informationsziel erreicht werden muss. Hier sind vor allem zwei Kriterien entscheidend: Zum einen die Verfügbarkeit der Information zu dem Zeitpunkt, zu dem sie vom Anwender benötigt wird, zum anderen die Möglichkeit des Herstellers, diese Verfügbarkeit nachzuweisen.

Eine Anleitung in Papierform kann unstrittig mit dem Produkt überreicht werden, weil sie physisch vorhanden ist. In der Nutzungspraxis hingegen ist aufgrund mangelnder Archivierung die Verfügbarkeit der gedruckten Anleitung häufig geringer als die der elektronischen Form, die nach kurzer Recherche von der Herstellerwebsite heruntergeladen werden kann – meist sogar für ältere Baureihen.

Es gilt also, die Medienkonzepte zu hinterfragen, den richtigen Medienmix für eine optimale Verfügbarkeit der Informationen zu finden, und daraus eine auch rechtlich belastbare Begründung für die Reduktion von Printlösungen oder sogar den Verzicht auf diese zu entwickeln.

Hilfestellung dafür liefert ausgerechnet eine EU-Verordnung – in diesem Fall die Regelung 207/2012 aus dem Jahr 2013. Für Medizinprodukte, welche grundsätzlich von Fachpersonal genutzt werden, gestattet sie eine rein elektronische Lieferung der Gebrauchsanweisungen. Gedruckte Anleitungen sind nur noch auf Anfrage bereitzustellen. Zwar sind noch einige Bedingungen an diese Möglichkeit gebunden – insbesondere, dass die Risiken einer elektronischen Lösung nicht höher ausfallen als die einer gedruckten Anleitung. Dennoch wird hier eine Tür geöffnet für eine Entwicklung, die auch auf andere Branchen ausstrahlen kann. Mit den Bedingungen der Verordnung wird zugleich ein Verfahren skizziert, wie ein Medienmix mit einer guten, produktsicherheitsrechtlichen Begründung ausgestattet werden kann.

Was ist also zu tun?

Den Ausgangspunkt stellt eine fundierte Zielgruppenanalyse dar, die die Möglichkeiten der Nutzung verschiedener Medien einschließt. Diese Analyse muss die Informationsbedarfe im Detail betrachten. Dann können differenzierte und realisierbare Medienkonzepte unzulässige Pauschalaussagen für oder gegen die Papierlösung ersetzen. Liegt ein entsprechend begründetes Medienkonzept vor, muss die Risikobeurteilung für die Medienwahl erweitert und das Medienkonzept gegebenenfalls angepasst werden

Gemeinsame Leistungen von infolox und Partnern

  • Erarbeitung oder Prüfung des Grobkonzeptes für die Informationslandschaft und seiner Grundlagen vor rechtlichem und normativem Hintergrund; Gutachten über die Machbarkeit und die grundlegenden Risiken
  • Ggf. sind dafür eine Anforderungsrecherche, der Aufbau eines Anforderungskatalogs sowie die Prüfung der bestehenden Informationsprodukte erforderlich oder sinnvoll
  • Nach Vorliegen des Entwurfs für das Medienkonzept: Risikobeurteilung und Empfehlungen für die Anpassung des Medienkonzeptes
  • Komplette Entwicklung und Umsetzung des Konzepts für die Informationslandschaft in Zusammenarbeit mit Schmeling + Consultants  durch infolox gemeinsam mit dem Kunden

Via QR-Code zur Anleitung – Beispiel Theben AG

Von infolox realisiertes Kundenbeispiel

Dass es möglich ist, die beigelegte Gebrauchsanweisung auf ein absolutes Minimum zu reduzieren, zeigt die Theben AG, die gemeinsam mit infolox ein wegweisendes Projekt realisierte. Für jedes Produkt wurden Kurz-Bedienungsanleitungen mit den wichtigsten Gefahrenhinweisen und technischen Daten konzipiert. Auf dem Dokument wurden zudem ein QR-Code sowie die URL platziert. Mit dem entsprechenden Endgerät (iPhone, Android Phones usw.) und der passenden Software gescannt, leitet der QR-Code direkt auf die Langversion der Bedienungsanleitung weiter – eine für mobile Endgeräte optimierte PDF-Datei.

Zukünftig fügt Theben allen seinen Produkten nur noch Kurzanleitungen bei. Es liegt auf der Hand, dass dadurch die Druck- und Versandkosten für die produktbegleitende Dokumentation massiv reduziert werden.

Auch bei der Datenhaltung geht Theben neue Wege: Die Kurz-Bedienungsanleitungen werden vollautomatisch aus dem PIM-System generiert. Dort werden auch alle anderen Produktdaten gepflegt, beispielsweise die Technischen Daten, die Bestandteil der Kurzanleitung sind.

Medienneutralität und Prozesslandschaft

Künftige Publikationsformen für die Technische Dokumentation haben eine gemeinsame Grundlage: Die mobile Dokumentation wird zu einem Teil des Multichannel-Publishings und muss dazu medienneutral in einem PIM- oder Redaktionssystem vorgehalten und gepflegt werden.

Dabei unterscheiden sich die Prozesse, mit denen die Inhalte für mobile Endgeräte automatisiert erstellt werden, nicht von anderen Publikationen der Produktkommunikation. Auch die Inhalte der Technischen Redaktion gehören zum Informationsprozess eines Produktes und sollten somit sinnvollerweise in die Prozesse und Strukturen einer Produktinformationsumgebung integriert werden. So lassen sich auch Synergien optimal nutzen.